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Über 100 qm Brutfläche für Seeschwalben am Sehlendorfer Binnensee

Die Flussseeschwalbe erbeutet ihre Nahrung im Rüttelflug über dem Wasser.
Die Flussseeschwalbe erbeutet ihre Nahrung im Rüttelflug über dem Wasser.

(JH,CM) Wenn Mitte April die ersten Flussseeschwalben aus ihren Winterquartieren im südlichen Afrika zum Sehlendorfer Binnensee zurückkommen, erwartet sie ein deutlich größeres Angebot an Brutplätzen als bisher. Die Vögel brüten gerne auf Brutflößen, weil sie dort vor Beutegreifern wie Füchsen, Mardern, Waschbären und Marderhunden geschützt sind.
 Ende März wurden in Gemeinschaftsarbeit des NABU Lütjenburg mit der Stiftung Naturschutz und weiteren Helfern mehrere neue Brutflöße montiert und zu Wasser gelassen. Damit dürfte am Sehlendorfer Binnensee das größte Angebot dieser Art in ganz Schleswig-Holstein zur Verfügung stehen.

„Wir freuen uns sehr, dass wir weitere Brutflöße für unser Naturschutzgebiet bekommen haben“, sagt Jürgen Hicke. „Damit wird auch unsere erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre für Flussseeschwalben honoriert.“ Die NABU-Schutzgebietsreferenten am Sehlendorfer Binnensee Jürgen Hicke und Christina Mohwinkel konnten die Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein überzeugen, weitere Flöße aus einem EU-geförderten „BetterBird Life-Projekt“ in das vom NABU Lütjenburg betreute Naturschutzgebiet zu legen.

Unser Knowhow und gute Zusammenarbeit mit der Stiftung Naturschutz

Das Projekt wird von der Stiftung Naturschutz durchgeführt, neben den neuen Sehlendorfer Flößen wurden weitere Brutflöße an der Schlei und im Rickelsbüller Koog an der Westküste, nahe der dänischen Grenze verankert. „Mit dem Projektleiter Oliver Granke und dem Gebietsbetreuer Aiko Huckauf haben wir vorher alle Details besprochen und geplant. Und wir sind ein wenig stolz darauf, dass unsere vor vier Jahren in Zusammenarbeit mit der Naturschutzbehörde des Kreises entwickelte bewährte Konstruktion Grundlage für die neuen Flöße wurde“, so Jürgen Hicke weiter. Nach wochenlangen Planungen und Berechnungen der Menge an Material bis hin zur letzten Schraube, konnte am 29. März mit der Montage der drei Flöße mit einer Gesamtfläche von 76 qm begonnen werden“. Am folgenden Tag wurden die Arbeiten fertiggestellt. Mit von der Partie waren vom NABU Lütjenburg neben den beiden Schutzgebietsreferenten auch Uwe Hübner, ebenfalls Schutzgebietsbetreuer im NSG sowie Enno Franck und Eva Süssner. Des Weiteren wurde die Montage von Helfern der Integrierten Stationen Ostholstein und Geltinger Birk unterstützt.

Das Montageteam für das Projekt
Das Montageteam für das Projekt

Aufwendige Logistik und Koordination

Am Montagetag musste alles passen: Die Floßelemente sollten rechtzeitig vor Ort sein, tonnenweise Kies, der später auf die Flöße aufgetragen wurde, musste angeliefert werden und weiteres Material wie Anker, Umrandungsbleche und Unterkonstruktionen sowie sämtliches Montagematerial von verschiedenen Lieferanten musste pünktlich an Ort und Stelle sein, damit die knapp 20 Helfer mit der Montage der Flöße beginnen konnten. Trotz bester Planung durch die Stiftung Naturschutz und den NABU läuft bei so einem Vorhaben nicht alles reibungslos: Bereits kurz nach 6 Uhr morgens hatte sich der über 18 m lange Kies-Lastwagen samt Anhänger festgefahren und konnte erst nach Entladung und Treckereinsatz wieder flottgemacht werden.

Nachdem schließlich alles Montagematerial am vorgesehenen Montageplatz nahe der Beobachtungsplattform am Sehlendorfer Binnensee bereitlag, fand eine Einweisung durch Oliver Granke von der Stiftung Naturschutz, Jürgen Hicke vom NABU und dem Chef der Lieferfirma für die Floßelemente statt. Nun konnte mit der eigentlichen Montagearbeit begonnen werden und es fanden sich schnell kleine Montagetrupps, die an den einzelnen Arbeitsplätzen effektiv zusammenarbeiteten. Die Schutzgebietsreferenten hatten auch an Kleinigkeiten gedacht, denn beim Bohren von Kunststoffrahmen und Alublechen fallen natürlich Bohrspäne an, daher standen für alle Arbeitsplätze Handfeger und Kehrbleche sowie Mülleimer bereit.

„Stapellauf“ und Endausrüstung

Am ersten Montagetag konnte bereits ein Floß komplett fertig gestellt werden, an den beiden anderen Tagen waren noch Restarbeiten zu erledigen. Nun galt es, das erste Floß mit einer Fläche von 20 qm vom Montageplatz auf der Salzwiese mit einem Trecker ins Wasser zu schieben, wo es schließlich mit mehreren Tonnen Kies als Brutunterlage befüllt wurde. Flussseeschwalben brüten gerne auf Kies, wo sie ihre Eier in eine kleine Nistmulde legen. Weiterhin wurden Betonröhren ausgelegt, die als Schutz für junge Flussseeschwalben vor Beutegreifern aus der Luft dienen. Zuletzt wurden schwere Mooranker auf die Flöße gebracht, welche die Flöße auch bei Sturm und Wellengang am vorgesehenen Ankerplatz sichern sollen. Kies, Betonröhren und Anker haben natürlich ein erhebliches Gewicht, daher lag das Floß im flachen Wasser zunächst komplett auf Grund und ließ sich mit dem Trecker nur unter großer Anstrengung ins tiefere Wasser bugsieren. Allerdings musste dieser bei der Aktion recht weit ins Wasser hineinfahren und konnte nur mit Hilfe eines zweiten Treckers wieder herausgezogen werden.

Zum Schluss gefährliche Schwerstarbeit

Für die Verbringung des Floßes in die Platenbucht vor dem Packhus standen drei Helfer in Wathosen und ein kleines Hilfsfloß mit Außenbordmotor bereit. Der Sehlendorfer Binnensee ist zwar ein Flachwassersee mit einer durchschnittlichen Tiefe von nur 70 cm, allerdings ist er auch ein tückisches Gewässer mit zahlreichen Sandbänken und in weiten Bereichen bedeckt eine tiefe Schlickschicht den Untergrund. Leider erwies sich der Außenbordmotor wegen der geringen Wassertiefe als wenig hilfreich, daher musste das Floß über hunderte Meter durch den See geschoben werden, eine kräftezehrende Arbeit, bei der man bis an die Leistungsgrenze kommt. Jürgen Hicke fügt an: „Wir haben im Laufe der Jahre ja schon mehrfach Flöße verankert und geborgen. Dabei kommt es immer auf Wind und Wasserstand an, die schwer zu kalkulieren sind und manchmal nicht zueinander passen“. Der Wasserstand im Sehlendorfer Binnensee schwankt durch die offene Verbindung zur Ostsee oftmals beträchtlich. Sturm und der sogenannte Badewanneneffekt können sehr schnell zu Wasserstandveränderungen von bis zu einem Meter führen.
 Am nächsten Tag war der Wasserstand zwar etwas günstiger, so dass die weiteren Flöße auch nach Beladung schwammen, doch es hatte sich ein kräftiger Wind dazugesellt. Daher mussten die beiden noch zu verankernden Flöße jeweils von fünf Personen an die vorgesehenen Ankerplätze geschoben werden. Christina Mohwinkel, Uwe Hübner, Enno Franck vom NABU Lütjenburg sowie Aiko Huckauf und Jörn Gollisch von der Stiftung Naturschutz verrichteten wahre Schwerstarbeit, um das größte Floß in der Nähe der Beobachtungsplattform zu verankern.

Allein bei der Verankerung, bei der jeweils zwei Helfer den schweren Anker an die richtige Position trugen, mussten die weiteren Helfer alle Kraft aufwenden, um das Floß gegen den immer stärker zunehmenden Wind überhaupt halten zu können. Das letzte Floß musste schließlich weit um eine Sandbank herum gegen den starken Wind geschoben werden, dabei bekam das Team zum Glück noch Verstärkung von Jens Rethwisch und einem FÖJ-ler der Integrierten Station Ostholstein.

Fazit und Ausblick

„Mit den drei neuen Flößen liegen am Sehlendorfer Binnensee neben den schon vorhandenen Flößen jetzt fünf Brutflöße mit einer Größe von zweimal 16 qm, zweimal 20 qm und einmal 36 qm Brutfläche. Dieses Angebot wird unsere vorhandene Brutkolonie vor der Beobachtungsplattform nicht nur ergänzen, sondern auch stärken und wehrhafter machen“, so die NABU-Schutzgebietsreferenten. „Unsere beiden bisherigen Flöße waren im letzten Jahr schon voll besetzt und durch die erfolgreiche Brut mit ca. 45 flügge gewordenen Jungvögeln könnten dieses Jahr noch mehr Flussseeschwalben zu uns finden. Und wir hoffen, dass sich auf einem der anderen Flöße vielleicht eine Säbelschnäbler-Kolonie bildet, eine Vogelart, die früher auch einmal bei uns gebrütet hat. Die Voraussetzungen wurden jedenfalls durch die mühsame Arbeit der vielen Helfer geschaffen. Neben der fachkundigen Montage und der körperlichen Schwerstarbeit wurde aber auch von den Organisatoren der Stiftung Naturschutz sowie den ehrenamtlichen NABU-Helfern dafür gesorgt, dass Essen und Getränke sowie Kaffee, Tee und Kuchen zur Stärkung bereitstanden. Ein tolles Gemeinschaftswerk für die Natur und den Naturschutz“, freuen sich die Schutzgebietsreferenten Christina Mohwinkel und Jürgen Hicke.

Bilder: Christina Mohwinkel, Jürgen Hicke, Eva Süssner